Die mehrjährige BAG Rechtsprechung in Hinblick auf eine zeitliche Befristung des Vorbeschäftigungsverbots bei sachgrundloser Befristung des Arbeitsvertrages (§ 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG keine zeitliche Begrenzung des Verbotes der Vorbeschäftigung bei sachgrundloser Befristung) wird Seitens verschiedener Landesarbeitsgerichts angegriffen.
Seit den BAG Urteilen vom 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 – und 21.09.2011 – 7 AZR 375/10 – wird das Vorbeschäftigungsverbot in § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG so verstanden, dass eine Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber eine Befristung ohne Sachgrund nur dann entgegensteht, wenn diese nicht länger als drei Jahre zurückliegt. „Ein so weitgehendes Verbot sachgrundloser Befristungen würde über das Ziel hinausschießen und wäre daher unangemessen“, so die Richter. Die seitdem wiederholt bestätige Rechtsprechung wird zwischenzeitlich von Landesarbeitsgerichten torpediert, verstärkt im Jahr 2017.
Nach dem einschlägigen Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 21.02.2014 – 7 Sa 64/13 – kommen nun auch das Landesarbeitsgericht Hessen in seinem Urteil vom 11.07.2017, 8 Sa 1578/16 sowie das Landesarbeitsgericht Niedersachen in seinem Urteil vom 20.07.2016 – 6 Sa 1125/16 – zu dem Ergebnis, dass das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG („Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.“) entgegen der Rechtsprechung des BAG der letzten 6 Jahre nicht auf drei Jahre zu beschränken ist, sondern unbeschränkt gilt. Das heißt, dass auch ein Arbeitsverhältnis zwischen demselben Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das 20 Jahre zurückliegt, dazu führt, dass ein neu abzuschließender Arbeitsvertrag nicht befristet werden kann, ohne, dass hierfür ein Sachgrund gegeben wäre. Ein Arbeitsvertrag mit sachgrundloser Befristungsabrede wäre unter diesen Umständen unwirksam, der Arbeitsvertrag wäre unbefristet gültig.
Darüber hinaus kommt das LAG Niedersachsen zu dem Schluss, dass das Vertrauen des Arbeitgebers in die Fortführung der seit 2011 einschlägigen Rechtsprechung des BAG nicht schutzwürdig sei.
UPDATE 14.12.2017:
Die seit 2011 angewandte Rechtsprechung des BAG (BAG vom 21.09.2011 – 7 AZR 35/11) zur Begrenzung des Verbots der Vorbeschäftigung bei sachgrundloser Befristung auf drei Jahre wird weiter aufgeweicht. Nach den LAGs Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen hat nun auch das LAG Mecklenburg-Vorpommern per Urteil vom 17.10.2017 – 5 Sa 256/16 der Entfristungsklage (Befristungskontrollklage) eines Diplomphysikers stattgegeben, der nach einem Zeitraum von 10 Jahren seit der letzten Vorbeschäftigung im Jahr 2014 per befristeten Vertrag ohne Sachgrund gemäß § 14 Absatz 2 TzBfG für weitere 2 Jahre eingestellt worden war. Die Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern gegen das stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts blieb erfolglos. Die Landesarbeitsgerichte sind einhellig der Auffassung, dass „sowohl Wortlaut als auch Gesetzesgeschichte und Gesetzeszweck des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG klar dafür sprechen, dass eine Zuvorbeschäftigung zeitlich nicht beschränkt ist.“
Eine Bindung an die vorgenannte BAG Rechtsprechung sieht das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern in seinem Urteil mangels langjähriger und gesicherter Rechtsprechung nicht gegeben.
Es bleibt abzuwarten, ob sich das BAG der von den Landesarbeitsgerichten und Teilen der Literatur geäußerten Rechtsauffassung anschließen wird. Arbeitgebern ist zu raten, auch Vorbeschäftigungszeiten, die länger als drei Jahre zurückliegen zu erfragen und zu beachten. Arbeitnehmer sollten sich in diesen Fällen überlegen, ob sie gegen die Befristungsabrede vorgehen möchten.
Veröffentlicht von Rechtsanwältin Lederle