In der Praxis taucht immer wieder die Frage nach der

Beweiskraft von E-Mails und DE-Mail vor Gericht

insbesondere im Zivilprozess, auf. In der juristischen Literatur gibt es jedoch nur wenig Fundstellen, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Aus meiner Sicht lässt sich der Meinungsstand zur Frage „haben E-Mails Beweiskraft“ wie folgt zusammenfassen:

Beweiskraft von E-Mails mit qualifizierter digitaler Signatur

Der Gesetzgeber hat bei der Berücksichtigung elektronischer Kommunikationsmittel in der Zivilprozessordnung als urkundsgleiches Beweismittel nur die gemäß Artikel 32 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73, ehemals § 2 Ziff. 3 SigG) mit einer qualifizierten digitalen Signatur versehene E-Mail gemäß § 371 a ZPO zugelassen. Die Beweisführung erfolgt dabei gemäß § 371 ZPO durch Vorlage des elektronischen Dokumentes. Anhand dieser Datei kann dann ein Sachverständiger die Authentizität der E-Mail überprüfen, soweit diese im Prozessverfahren durch den Beweisgegner angezweifelt würde. Leitlinie einer solchen Prüfung sind dabei die Daten, wie sie sich aus Artikel 32 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 in Verbindung mit den Vorschriften des Vertrauensdienstegesetz (VDG, ehemals in § 17 Abs. 2 SigG) ergeben. Der gesetzliche Echtheitsanschein im Sinne des § 371a ZPO umfasst dabei nur die Echtheit der Erklärung, also ihre elektronische Ausprägung. Die Echtheit lässt sich dabei nur durch Tatsachen erschüttern, die ernstlichen Zweifel daran begründen, dass die Erklärung mit dem Willen des Signaturinhabers abgegeben worden ist.

Beweiskraft von DE-Mail vor Gericht

Da zunächst keine Änderung von § 371a ZPO im Hinblick auf das DE-Mail Gesetz gab, hat der Bericht der Bundesregierung nach Artikel 5 De-Mail-Gesetz zunächst folgendes festgestellt: Um für eine De-Mail, die von einem De-Mail-Konto einer natürlichen Person versendet wurde, die gleichen Beweiswirkungen zu schaffen, wie für ein qualifiziert elektronisch signiertes Dokument, müsste § 371a ZPO entsprechend erweitert werden. Allerdings könnte immer nur der gesamten De-Mail diese Beweiswirkung beigelegt werden, nicht auch den einzelnen darin enthaltenen Dokumenten. Denn nur anhand der gesamten De-Mail und der ihr beigefügten Metadaten kann der Erklärende identifiziert und festgestellt werden, dass die Erklärung authentisch ist.

Entsprechend diesem Bericht der Bundesregierung ist nunmehr mit Gesetz vom 10.10.2013 (Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten, BGBL I 2013/62, 3786) unter anderem eine Änderung des § 371a ZPO mit Inkraftreten zum 1. Juli 2014 dahingehend erfolgt, dass zunächst im Hinblick auf die Beweiskraft bezüglich des Absenders einer DE-Mail folgender § 371a Abs. 2 ZPO neu aufgenommen wurde:

Hat sich eine natürliche Person bei einem ihr allein zugeordneten De-Mail-Konto sicher angemeldet (§ 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes), so kann für eine von diesem De-Mail- Konto versandte elektronische Nachricht der Anschein der Echtheit, der sich aus der Überprüfung der Absenderbestätigung gemäß §5Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes ergibt, nur durch Tatsachen erschüttert werden, die ernstliche Zweifel daran begründen, dass die Nachricht von dieser Person mit diesem Inhalt versandt wurde.

Diese Regelung ist am 1. Juli 2014 in Kraft getreten

Damit hat der Gesetzgeber jedoch nur eine Regelung dazu aufgenommen, in wie weit die DE-Mail bezüglich der Absendereigenschaft formelle Beweiskraft entfaltet, jedoch die übrigen Aspekte ungeregelt gelassen. Denn bezüglich des Inhaltes der DE-Mail und deren Ablieferung/Eingang wurde, mit Ausnahme des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten über speziell eingerichtete Kommunikationswege, keine Regelung getroffen, die den Beweiswert der DE-Mail anheben würde. Bezüglich des Inhalts und der Ablieferung bleibt es also bei den Grundsätzen, die für „einfache E-Mails“ gelten, obwohl ja das DE-Mail Gesetz durchaus Regelungen zur Absicherung auch der Vertraulichkeit, der Integrität und der  Authentizität der DE-Mail Nachrichten enthält und diese eine Erstreckung des § 371a ZPO auch auf diese Aspekte möglich machen würden.

Beweiskraft von „einfachen“ E-Mails

Liegt keine nach Signaturgesetz signierte E-Mail vor, so ist der Anwendungsbereich des § 371a ZPO nicht eröffnet. Mangels vergleichbarer technischer Authentizität der nicht signierten E-Mail, scheidet auch eine analoge Anwendung aus. Denn der Gesetzgeber hat eben der „einfachen“ E-Mail gerade nicht den erhöhten Beweiswert einer Privaturkunde eingeräumt. Auch gilt der Ausdruck einer „einfachen“ E-Mail nicht als Privaturkunde im Sinne der ZPO. Gemäß § 416 ZPO ist für die Einordnung als Privaturkunde die Unterschrift des Ausstellers erforderlich. Weiter lässt die E-Mail-Datei aus Sicht von technischen Sachverständigen nur wenige Rückschlüsse auf Authentizität von Absender, Inhalt und tatsächlichem Empfang der E-Mail zu.

Jedoch ist der Ausdruck einer E-Mail auf Papier als Urkunde zu werten, da jede Verkörperung einer Gedankenäußerung in Schriftzeichen Urkunde im Sinne der ZPO ist. Mangels Anwendbarkeit der §§ 415 ff. ZPO erfolgt die Beweiswürdigung einer solchen Urkunde jedoch „nur“ gemäß § 286 ZPO, ohne dass die gesetzliche Echtheitsvermutung gelten würde. Das Gericht wird daher nach freier Überzeugung entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist (freie Beweiswürdigung). Der elektronischen Datei einer E-Mail fehlt eine solche Urkundseigenschaft, so dass hier Beweis durch Augenschein im Sinne des § 371 ZPO erhoben wird. Auch hier erfolgt über das Ergebnis des Augenscheins die Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO. Hierbei kann das Gericht auch die Beiziehung eines Sachverständigen anordnen. Sowohl Ausdruck als auch elektronische E-Mail Datei können also zulässige Beweismittel im Sinne der ZPO sein.

Beweiswürdigung, Anscheinsbeweis

In Prozessverfahren, in welchen E-Mails zum Beweis vorgelegt werden, werden üblicher Weise einfache Ausdrucke von E-Mails vorgelegt, die meist nur Absender, Empfänger, Datum, Betreff und den Mailtext (gegebenenfalls nebst Anlagen) erkennen lassen. Würde diesen Inhalte von dem Beweisgegner nicht widersprochen, wäre der Beweis der behaupteten Tatsache als erbracht anzusehen. Unabhängig von der Beweiskraft der E-Mail selbst, gilt nämlich unwidersprochener Sachvortrag einer Partei als unstreitig bzw. wird – soweit in der mündlichen Verhandlung oder zu Protokoll als wahr erklärt – als gerichtliches Geständnis im Sinne von § 288 ZPO gesehen.

Wird jedoch der Inhalt beziehungsweise der Eingang beim Empfänger und somit inzident die Authentizität der E-Mail bestritten, hat der Beweisführer einerseits den Ausdruck aller E-Mail Informationen (einschließlich der technischen Sendeangaben, die üblicher Weise in Mailprogrammen nicht direkt angezeigt werden) vorzulegen und die elektronische Datei dem richterlichen Augenschein und dann gegebenenfalls der Sachverständigenbegutachtung zur Verfügung zu stellen. Ist hier ein Beweisantritt durch die elektronsische Datei erforderlich, kann die Vorlage zum Beispiel auf CD/DVD erfolgen, damit der Sachverständige die Beweiskraft der E-Mails bewerten kann.

Ergibt sich zum Beispiel aus diesen erweiterten Angaben in einer E-Mail, dass die Informationen über die Absender IP Adresse mit dem Mailserver des behaupteten Absenders übereinstimmen, ist sehr wahrscheinlich, dass die Mail einerseits vom Absender stammt und andererseits, dass sie auch tatsächlich versandt wurde. Somit liegt ein typischer Geschehensablauf vor, der auf einen bestimmten, typischen Ablauf hinweist.

Aus diesem typischen Geschehensablauf kann ein Gericht diese Tatsache der Absendereigenschaft und des Versandes im Wege des Anscheinsbeweises als bewiesen ansehen. Der Beweisgegner müsste dann Tatsachen darlegen und – im Bestreitensfalle – beweisen, die auf eine ernstliche und nicht nur vage Abweichung von diesem gewöhnlichen Gang des Geschehens schließen lassen. Gelingt dies, ist der Anscheinsbeweis erschüttert und der ursprüngliche Beweisführer muss den vollen Beweis der von ihm behaupteten Tatsachen erbringen.

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