DSGVO und die Cookie Einwilligung

Entscheidungsanalyse Rechtssache C-673/17 (Cookie Einwilligung) In seiner Entscheidung vom 01.10.2019 hat der EuGH in der Rechtssache C-673/17 einige Vorabfragen im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten und Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation durch Cookies getroffen und dabei den Begriff der Einwilligung der betroffenen Person in verschiedenen Aspekten behandelt sowie zu Inhalt und Umfang der Datenschutzinformation im Zusammenhang mit Cookies Feststellungen getroffen. Zusammenfassend wurden (nach „altem“ Datenschutzrecht, aber ausdrücklich unter Einbeziehung der Regelungen der DSGVO) folgende Feststellungen getroffen: Die geprüften europäischen Regelungen sind dahin auszulegen, dass keine wirksame Einwilligung im Sinne dieser Bestimmungen vorliegt, wenn die Speicherung von Informationen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät des Nutzers einer Website gespeichert sind, mittels Cookies durch ein voreingestelltes Ankreuzkästchen erlaubt wird, das der Nutzer zur Verweigerung seiner Einwilligung abwählen muss. Die Grundsätze zur Einwilligung sind nicht unterschiedlich auszulegen, je nachdem, ob es sich bei den im Endgerät des Nutzers einer Website gespeicherten oder abgerufenen Informationen um personenbezogene Daten handelt oder nicht. Die Regelungen zur Verpflichtung, den Betroffenen zu informieren sind dahin auszulegen, dass Angaben zur Funktionsdauer der Cookies und dazu, ob Dritte Zugriff auf die Cookies erhalten können, zu den Informationen zählen, die der Diensteanbieter dem Nutzer einer Website zu geben hat. Zunächst ist an der Entscheidung bemerkenswert, dass – der ursprüngliche Fall stammte aus dem Jahre 2013/2014 – der EuGH ausdrücklich den im Vorlageverfahren des BGH genannten Hinweis gefolgt war, dass aufgrund des Antrages im Ausgangsverfahren, dass das beanstandete Verhalten auch künftig zu unterlassen sei, nicht nur die damals gültige Rechtslage, sondern ausdrücklich auch spätere Rechtssetzungsakte der EU, insbesondere auch die DSGVO in der Entscheidung einbezogen war. Der EuGH hat also nicht nur das in 2013 gültige Recht zur Entscheidungsgrundlage gemacht, sondern [...]

By |1. Oktober 2019|Datenschutz, News|Kommentare deaktiviert für DSGVO und die Cookie Einwilligung

DSGVO Neuigkeiten

Nach und nach entwickelt sich die Praxis der Anwendung der DSGVO weiter und erste Entscheidungen werden bekannt. Nachstehend ein kleiner Überblick über Themen, die Stand Anfang November 2018 gerade aktuell in der Diskussion sind: Facebook-Fanpages - EuGH 5. 6. 2018, C-210/16 Die Entscheidung bezieht sich auf die Auslegung des Begriffs „für die Verarbeitung Verantwortliche“ im Sinne der Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG (also die alte, von der DSGVO abgelöste Datenschutzrichtlinie) sowie auf die Qualifikation von Betreibern einer Fanpage auf Facebook. Dabei ging es um die Abgrenzung, wer von den Beteiligten beim Betrieb einer Facebook-Fanpage welche datenschutzrechtliche Rolle hat. Im Zusammenhang mit dieser Datenverarbeitung bejahte der EuGH eine gemeinsame Verantwortlichkeit von Facebook und den Betreibern von Fanpages. Anders als bei der Auftrags(daten)verarbeitung, bei der ausschließlich der Auftraggeber über Zwecke, Umfang und Art der Datenverarbeitung bestimmt, sieht der EuGH bei Facebook-Fanpages diese Voraussetzung nicht mehr als gegeben an. Denn der Betreiber der Fanpage bestimmt nicht in ausreichendem Maße über die Datenverarbeitung, wie es bei der Auftragsverarbeitung erforderlich ist. Auch wenn sich die Entscheidung noch nicht auf die DSGVO bezog, kann daraus doch für die aktuelle Situation für Facebook Fanpages unter der DSGVO daraus abgeleitet werden, dass entgegen der ersten Annahmen hier keine Auftragsverarbeitung, sondern eine Verarbeitung in gemeinsamer Verantwortung („Joint Controllership“ im Sinne von Art. 26 DSGVO). Dies erfordert damit eine andere vertragliche Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Facebook und dem Betreiber der Fanpage einerseits, andererseits müssen auch die Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO und auch die sonstigen Betroffenenrechte so gestaltet sein, dass sie dieser Joint Controllership Rechnung tragen und zum Beispiel beide Beteiligten ihre jeweiligen Pflichten gegenüber dem Betroffenen auch erfüllen (können). Erfüllung von Informationspflichten und das UWG Das Landgericht Würzburg hat in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit Anwälten auf beiden Seiten [...]

By |2. November 2018|Datenschutz, News|Kommentare deaktiviert für DSGVO Neuigkeiten

EGMR zur Überwachnung von Mitarbeitern

EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (5.9.2017 – 61496/08 Barbulescu) hat im Falle eines rumänischen Vertriebsingenieurs entschieden, dass die Überprüfung eines rein dienstlichen Kommunikationsmittels (Hier: Instant-Messenger-Dienst) durch den Arbeitgeber und Verwendung der hieraus gewonnen Erkenntnisse, nämlich einer verbotenen umfangreichen Privatnutzung, ein Verstoß gegen Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) darstellen kann. Der Arbeitgeber, ein Privatunternehmen in Rumänien, hatte für den Mitarbeiter zur rein dienstlichen Nutzung einen Instant Messenger Dienst eingerichtet. Aufgrund von Verdachtsmomenten überwachte er diesen Dienst an 8 Tagen und dokumentierte die Verstöße gegen das Privatnutzungsverbot auf 45 Seiten. Der EGMR hat dem Mitarbeiter einen Schadenersatz zugesprochen. Die Überwachung des Arbeitnehmers verstoße gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 EMRK. Zwar ist die Überwachung eines rein dienstlich zu nutzenden Kommunikationsmittels bei einem dringenden Verdacht grundsätzlich möglich, sie muss jedoch auch verhältnismäßig sein.  Hierfür erforderlich ist, dass der Beschäftigte über die Möglichkeit sowie über Art und Umfang der Überwachung informiert wurde. Darüber hinaus ist zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an der Überwachung und dem Recht auf Privatsphäre des Mitarbeiters abzuwägen und zu prüfen, ob es nicht mildere Kontrollmaßnahmen gegeben hätte. Es ist daher zu raten, die Kontrollmaßnahmen genau anzukündigen (zumindest in einem Rundschreiben an die gesamte Belegschaft), wobei trotzdem eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen muss oder die Maßnahme im Rahmen einer Betriebsvereinbarung festzulegen. Veröffentlicht von Rechtsanwältin Lederle

By |15. Oktober 2018|Arbeitsrecht|Kommentare deaktiviert für EGMR zur Überwachnung von Mitarbeitern

DSGVO – Was nun?

Seit dem 25.05.2018 ist der Tag da, auf den alle hingearbeitet haben, die DSGVO ist endgültig anwendbar. Und was nun? Sind alle die Horrorszenarien wahr geworden? Zumindest haben wir alle viel Post bekommen, elektronisch und auf Papier, und sollten unsere Einwilligungen für verschiedene Datenverarbeitungen, ob tatsächlich schon mal erteilt oder auch nicht, erneuern. Und alle unsere schönen DSGVO Projekte, halten die Maßnahmen, was wir uns erhofft haben oder muss noch nachgearbeitet werden? Also kurz gefasst: DSGVO - Was nun? Am interssantesten - neben dem Thema Abmahnungen - ist sicherlich, wie sich die Aufsichtsbehörden nunmehr positionieren.  Die ersten Ankündigungen der Behörden sind schon da: Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen (LfD), Barbara Thiel, prüft ab Ende Juni, wie gut sich die niedersächsischen Unternehmen bisher auf die seit dem 25. Mai geltende Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) eingestellt haben. In einer branchenübergreifenden Querschnittsprüfung schreibt Thiels Behörde in diesen Tagen 50 Unternehmen unterschiedlicher Größe an, die Fragen zu zehn Bereichen des Datenschutzes beantworten sollen. Dieses Beispiel habe ich deshalb herausgenommen, da in der entsprechenden Pressemitteilung der Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen auch der Fragenkatalog veröffentlicht wurde, der den ausgewählten Unternehmen zugesandt wurde. Dieser Fragenkatalog zeigt aus unserer Sicht sehr gut, wie der derzeitige Ansatz der Prüfung durch eine Aufsichtsbehörde ist und welches die wesentlichen Punkte der Prüfung sind. Für jedes Unternehmen eine gute Checkliste, ob die Umsetzung entsprechend diesen Fragestellungen ausreichend umgesetzt wurde. Unser Tipp ist daher, mit etwas zeitlichem Abstand die DSGVO Umsetzung nochmals anzuschauen, anhand des Fragenkataloges die Umsetzung prüfen und gleichzeitig auch im Unternehmen Nachschau halten, ob die Schulungen und Umsetzungsmaßnahmen das notwendige, datenschutzgerechte Verhalten im Unternehmen gezeitigt haben. Und prüfen, ob die zur technischen Umsetzung des Datenschutzes eingesetzte Technik auch die Ergebnisse zeigt, die ursprünglich einmal geplant [...]

By |9. Juli 2018|News|Kommentare deaktiviert für DSGVO – Was nun?

Markenrechtsmodernisierungsgesetz

Die Bundesregierung hat mit Vorlage vom 20.06.2018 das Markenrechtsmodernisierungsgesetz (MaMoG) in den Bundestag eingebracht. Der Entwurf dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken und hat zum Ziel die Koexistenz der verschiedenen Markensysteme zu fördern und in ein kohärentes System von nationalen und unionsweiten Markenrechten zu überführen. Oberstes Ziel ist dabei das ausgewogene Nebeneinander von Unionsmarke und nationaler Marke. BeideMarkenformen sollen im Zuge der Reform in ihrer Eigenständigkeit gestärktwerden und zugleich nebeneinander koexistieren. Darüber hinaus verfolgt die Reform eine verstärkte Kooperation der nationalen Markenämter mit dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum. Gleichzeitig soll die Wettbewerbsfähigkeit der nationalen Markenämter und der nationalen Marken gestärkt werden. Weitere zentrale Anliegen der Markenrechtsreform sind die Einrichtung und Förderung eines gut funktionierenden Binnenmarktes und die Erleichterung der Eintragung, der Verwaltung und des Schutzes von Marken sowie die Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Zudem soll Rechtssicherheit in Bezug auf den Schutzumfang von Markenrechten gewährleistet und der Zugang zum Markenschutz erleichtert werden. Das Markenrecht ist darüber hinaus an die Erfordernisse eines modernen Digitalzeitalters anzupassen; die Eintragungsverfahren sind deshalb zu modernisieren und technologisch auf den neusten Stand zu bringen. Daneben soll die Bekämpfung der Produktpiraterie verbessert werden. Diese Ziele werden im Markenrechtsmodernisierungsgesetz durch folgende Maßnahmen umgesetzt: Erweiterung der Darstellungsmöglichkeiten im elektronischen Register Einführung einer nationalen Gewährleistungsmarke für Gütesiegel Einführung eines amtlichen Verfalls- und Nichtigkeitsverfahrens beim Deutschen Patent- und Markenamt Einführung einer Regelung für Waren unter zollamtlicher Überwachung Veröffentlicht von Rechtsanwalt Kast

By |6. Juli 2018|Fachbeiträge|Kommentare deaktiviert für Markenrechtsmodernisierungsgesetz

DSGVO und Kunsturhebergesetz – eine erste Entscheidung

Eines der meistdiskutierten Themen rund um die DSGVO ist ihr Verhältnis zum Kunsturhebergesetz. Es war schon die Rede vom "Fotografieverbot", wie es die Süddeutsche Zeitung in ihrem Beitrag "Das hat sich beim Datenschutz geändert" erst kürzlich sehr interessant und übersichtlich darstellte. Passend in diesen Kontext hat das Oberlandesgericht Köln nunmehr mit Beschluss vom 18.06.2018, AZ: 15 W 27/18, eine der ersten Entscheidungen zum Verhältnis zwischen der am 25.05.2018 wirksam gewordenen Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und dem Kunsturhebergesetz (KUG) im Bereich der öffentlichen Berichterstattung getroffen. Im entschiedenen Fall ging es um einen Fernsehbericht, in dem auch der Antragsteller gezeigt wurde; dagegen richtete sich der Verfügungsantrag. Inhaltlich hat das OLG Köln entschieden, dass dem Antragsteller kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 KUG zusteht, da es sich im entschiedenen Fall um Bildnisse der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs.1 Nr. 1 KUG handele. Interessant ist an der Entscheidung aber insbesondere, dass der Antragsteller seinen Unterlassungsanspruch wohl insbesondere auch auf die Vorschriften der DSGVO gestützt hatte. Dazu führt das OLG aus: Soweit der Antragsteller sich mit der Beschwerdebegründung auf die Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) beruft, geht dies fehl. Artikel 85 DS-GVO erlaubt wie die Vorgängerregelung in Art 9 der Richtlinie RL 95/46/EG nationale Gesetze mit Abweichungen von der DS-GVO zugunsten der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken. Er enthält damit eine Öffnungsklausel, die nicht nur neue Gesetze erlaubt, sondern auch bestehende Regelungen – soweit sie sich einfügen – erfassen kann. Aus Sicht des Senates mache Art 85 Abs. 2 DS-GVO im Kern keine materiell-rechtlichen Vorgaben (Auernhammer/von Lewinski, DS-GVO, 5. Aufl. 2017, Art. 85 Rn. 13; Gierschmann u.a/Schulz/Heilmann, DSGVO, Art. 85 Rn. 3, 34, 67, 72 ff.), sondern stellt nur auf die Erforderlichkeit zur [...]

By |26. Juni 2018|Datenschutz|Kommentare deaktiviert für DSGVO und Kunsturhebergesetz – eine erste Entscheidung

4. OSE Summer Talk

OSE goes Berlin: 4. OSE Summer Talk Escrow goes Digital: Neue Wege zum Schutz digitaler Wirtschaftsgüter Wenn es Sommer wird in Berlin … lädt die OSE zum Summer Talk ein, dieses Jahr bereits zum vierten Mal. Wir würden uns freuen, Sie am Mittwoch, 27. Juni 2018 ab 13 Uhr in der Vertretung des Saarlandes beim Bund, In den Ministergärten 4, 10117 Berlin begrüßen zu dürfen. Dieses Jahr haben wir erneut spannende Vorträge und ein neues Format: die Talk Sessions finden im Fishbowl-Format statt: ein Teilnehmer im Auditorium kann jederzeit auf einem Gast-Stuhl Platz nehmen und mitdiskutieren, bis er alles gesagt hat oder ein weiterer Diskutant auf dem Stuhl Platz nehmen will. Es sind noch Plätze frei, die Anmeldung finden Sie auf der OSE Webseite. Es erwarten Sie wieder spannende Themen: Daten sind zwar die Atome der Wissensgesellschaft, aber gibt es deshalb auch Rechte an ihnen? Referent: RA Prof. Dr. Christian Czychowski, Berlin Treuhändermodell für Unfalldaten aus Sicht der Versicherer Referent: Dr. Martin Stadler, München Wem gehören die Daten beim Gebrauchtwagenverkauf? Referenten: Lars Häger, Hamburg und RA Florian König, Hamburg Impulsvortrag Referentin: Anna Kobus, Bonn EU Update: Überlegungen zum Data producer’s right Referent: RA Dr. Philipp Süss Investitionsschutz trotz Insolvenz – Geht da noch was? Plädoyer für eine überfällige Reform der InsO zum Schutz von Lizenznehmern Referent: RA Dr. Frank Remmertz   Moderne Software gegen altes Insolvenzrecht: Was ist vom kommenden EU- Restrukturierungsverfahren für Startups zu erwarten? Referent: Prof. Dr. Christoph Paulus, Berlin Kurzreferat zu rechtspolitischen Entwicklungen im Bereich Insolvenz / Sanierung Referent: Prof. Dr. Heribert Hirte, Hamburg Moderationen:             Stephan Peters, München; RA Dr. Matthias Terbach, Berlin; RA Tom Braegelmann, Berlin.

By |17. Juni 2018|Veranstaltungen|Kommentare deaktiviert für 4. OSE Summer Talk

Sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen § 14 Abs. 2 TzBfG (Teilzeitbefristungsgesetz)

Die Beschränkung des Vorbeschäftigungsverbots bei sachgrundlosen Befristungen auf 3 Jahre ist nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.06.2018 verfassungswidrig! Wie bereits im Beitrag vom 07.12.2017 angekündigt, bewegt sich viel im Befristungsrecht. Die seit Jahren gängige Rechtssprechungspraxis des Bundesarbeitsgerichts, das Verbot von Vorbeschäftigungen bei sachgrundlosen Befristungen auf 3 Jahre zu beschränken, überschreitet die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und ist daher verfassungswidrig. Aufgrund mehrerer Entfristungsklagen hatte das Arbeitsgericht dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Beschränkung des Vorbeschäftigungsverbots mit den Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit), Art. 2 Abs. 1 GG (Persönlichkeitsrechte) und Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitsrechte) vereinbar sei. Der hierauf ergangene Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.06.2018 1 BvL 7/14, 1 BvL 7/14, 1 BvL 1375/14 – Pressemitteilung des BVerfG vom 13.06.2018 https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2018/bvg18-047.html besagt, dass die Auslegung des § 14 Abs. 2 TzBfG, die „eine wiederholte sachgrundlose Befristung immer dann gestattet, wenn zwischen den Arbeitsverhältnissen ein Zeitraum von mehr als drei Jahren liegt, mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren ist.“. Das Bundesverfassungsgericht rügt in seinem Beschluss vom 06.06.2018, dass die Fachgerichte (hier insbesondere das BAG) die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschritten hätten. Der Gesetzgeber habe durch die Formulierung des § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG „Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.“ seinen Willen klar zum Ausdruck gebracht. Der Gesetzgeber habe sich dadurch klar gegen eine Befristung des Vorbeschäftigungsverbots entschieden. Das Bundesverfassungsgericht hat weiter entschieden, dass ein generelles Verbot der Vorbeschäftigung lediglich dort nicht gilt, wo die Gefahr von Kettenarbeitsverträgen nicht besteht. Wenn die Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet oder von kurzer Dauer war (wie z.B. geringfügige Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studienzeit oder der Familienzeit sein, die [...]

By |14. Juni 2018|Arbeitsrecht|Kommentare deaktiviert für Sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen § 14 Abs. 2 TzBfG (Teilzeitbefristungsgesetz)

TzBfG: keine zeitliche Begrenzung des Verbotes der Vorbeschäftigung bei sachgrundloser Befristung

Die mehrjährige BAG Rechtsprechung in Hinblick auf eine zeitliche Befristung des Vorbeschäftigungsverbots bei sachgrundloser Befristung des Arbeitsvertrages (§ 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG keine zeitliche Begrenzung des Verbotes der Vorbeschäftigung bei sachgrundloser Befristung) wird Seitens verschiedener Landesarbeitsgerichts angegriffen. Seit den BAG Urteilen vom 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 – und 21.09.2011 – 7 AZR 375/10 - wird das Vorbeschäftigungsverbot in § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG so verstanden, dass eine Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber eine Befristung ohne Sachgrund nur dann entgegensteht, wenn diese nicht länger als drei Jahre zurückliegt. „Ein so weitgehendes Verbot sachgrundloser Befristungen würde über das Ziel hinausschießen und wäre daher unangemessen“, so die Richter. Die seitdem wiederholt bestätige Rechtsprechung wird zwischenzeitlich von Landesarbeitsgerichten torpediert, verstärkt im Jahr 2017. Nach dem einschlägigen Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 21.02.2014 – 7 Sa 64/13 – kommen nun auch das Landesarbeitsgericht Hessen in seinem Urteil vom 11.07.2017, 8 Sa 1578/16 sowie das Landesarbeitsgericht Niedersachen in seinem Urteil vom 20.07.2016 – 6 Sa 1125/16 – zu dem Ergebnis, dass das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG („Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.“) entgegen der Rechtsprechung des BAG der letzten 6 Jahre nicht auf drei Jahre zu beschränken ist, sondern unbeschränkt gilt. Das heißt, dass auch ein Arbeitsverhältnis zwischen demselben Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das 20 Jahre zurückliegt, dazu führt, dass ein neu abzuschließender Arbeitsvertrag nicht befristet werden kann, ohne, dass hierfür ein Sachgrund gegeben wäre. Ein Arbeitsvertrag mit sachgrundloser Befristungsabrede wäre unter diesen Umständen unwirksam, der Arbeitsvertrag wäre unbefristet gültig. Darüber hinaus kommt das LAG Niedersachsen zu dem Schluss, dass das Vertrauen des Arbeitgebers in die Fortführung der seit [...]

By |7. Dezember 2017|Arbeitsrecht|Kommentare deaktiviert für TzBfG: keine zeitliche Begrenzung des Verbotes der Vorbeschäftigung bei sachgrundloser Befristung

Geschlechterform und Stellenausschreibungen

Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10.10.2017 (1 BvR 2019/16)  wurde dem Gesetzgeber aufgegeben, bis 31.12.2018 das Personenstandsgesetz insofern zu ändern, als Personen, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlen, durch die ausschließliche Registrierungsmöglichkeit als weibliche oder männliche Person in ihren Persönlichkeitsrechten diskriminiert werden. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber im Personenstandsgesetz eine dritte Geschlechterform einfügen muss. Die im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht klagende Person forderte, da sie sich aufgrund eines atypischen Chromosomensatzes (sog. Turner-Syndrom) dauerhaft weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlt, eine dritte Bezeichnung und schlägt die Geschlechterangabe „inter/divers“ bzw. „divers“ vor. Diese Entscheidung hat vordergründig zwar mit Arbeitsrecht wenig zu tun, wird jedoch Auswirkungen hierauf haben. In § 2 Absatz 1 Nr. 2 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) ist eine Benachteiligung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes unzulässig. § 1 AGG benennt ausdrücklich die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts. Da durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine Anerkennung eines dritten Geschlechts in Form von „inter/divers“ oder nur „divers“ erfolgt ist, wird auch der Arbeitgeber, der dieses Geschlecht im Rahmen von Stellenausschreibungen oder sonstigen Bezeichnungen im Betrieb nicht beachtet, sich möglicherweise dem Vorwurf der Geschlechterdiskriminierung ausgesetzt sehen. Es ist daher den Arbeitgebern in Zukunft zu raten, Stellenausschreibungen unter Beachtung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu verfassen und die dritte Geschlechterform mitaufzunehmen in z.B. Sekretär/in/divers. Veröffentlicht von Rechtsanwältin Lederle

By |28. November 2017|Arbeitsrecht|Kommentare deaktiviert für Geschlechterform und Stellenausschreibungen